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Roland Stephan tüftelte und baute so lange, bis er einen praxistauglichen Sommerbob für die Altenberger Bahn entworfen hatte.
Roland Stephan tüftelte und baute so lange, bis er einen praxistauglichen Sommerbob für die Altenberger Bahn entworfen hatte. © Egbert Kamprath

09. 02. 2023: Sächsische Zeitung über den Waldidyller Roland Stephan

Altenberg: Die Bobbahn war sein zweites Zuhause

Roland Stephan war Bobpilot, Trainer und Konstrukteur; Wegbereiter von Cathleen Martini, Francesco Friedrich und anderen. Jetzt wird um ihn getrauert.

Von Egbert Kamprath
Als Francesco Friedrich kürzlich mit seinem Team in St. Moritz den Weltmeistertitel im Viererbob einfuhr, fieberten viele bei dem spannenden Kampf mit. Auf seinem Weg zum erfolgreichsten Bobpiloten aller Zeiten haben ihn viele begleitet, doch maßgeblich geprägt hat ihn wohl einer besonders, Roland Stephan. Doch den erneuten Triumph seines früheren Schützlings konnte er nicht mehr erleben.
Der Waldidyller verstarb im Dezember letzten Jahres im Alter von 79 Jahren. Doch der Bobsport im Osterzgebirge und sein Name bleiben untrennbar miteinander verbunden. Roland Stephan war dabei einer, der nicht gern im Rampenlicht stand, sondern sich lieber dezent hinter der Ehrentribüne aufhielt. Seit Eröffnung der Altenberger Bobbahn war er Teil des Geschehens. 1986 wurde eine Betriebssportgemeinschaft gegründet, ein Jahr später saß er selbst an den Lenkseilen im großen Schlitten. Es blieb für den Kraftfahrer beim Forst bei einer Karriere als Amateurfahrer.

Doch die Begeisterung für den Bobsport ließ ihn nie wieder los. Sein Wissen gab er auch an seine beiden Söhne Ralf und Henry weiter, die das Bobfieber ebenfalls erfasst hatte. 1992 übernahm Roland Stephan ehrenamtlich die Bobabteilung des SC Oberbärenburg und machte 1994 die Trainerlizenz. Schließlich sorgte er mit dafür, dass Sportler des bislang unbeachteten SC Oberbärenburg ganz oben in der Welt mitmischten.

Erster Paukenschlag mit Gabi Kohlisch

Für den ersten Paukenschlag sorgte die frühere Rennrodlerin Gabi Kohlisch im Jahr 2000, als sie in Altenberg die erste Bob-Weltmeisterin wurde. Roland Stephan war inzwischen Nachwuchstrainer am Bundesstützpunkt. Er begleitete Cathleen Martini bei ihren ersten Fahrten im großen Schlitten und sah schon zeitig ihr Talent. Viele belächelten sein Engagement, trauten den jungen Sportlern des kleinen Oberbärenburger Vereins und auch deren Trainer wenig zu.

 

Doch Roland Stephan war Visionär und machte unbeirrt weiter, kämpfte um Material und Unterstützung. Der Lohn waren Cathleen Martinis Weltmeistertitel, die letzte Zweifler verstummen ließen. Schritt für Schritt wuchs der kleine SC Oberbärenburg aus dem Schatten des großen SSV Altenberg heraus. Weitere hoffnungsvolle Talente folgten, wie Andreas Zschocke oder David Friedrich, denen Roland Stephan das Handwerkszeug für die Bahn mitgab.

Wegbereiter von Francesco Friedrich

David Friedrichs schwerer Sturz 2005 war auch für den Trainer ein harter Schlag, der ihm persönlich sehr zu schaffen machte. Da ahnte noch keiner, dass bald darauf Francesco in die Fußstapfen seines Bruders treten würde. Auch ihm bereitete Roland Stephan den Weg für die ersten Schritte und verfolgte dessen weitere Entwicklung mit der ihm eigenen kritischen Sicht.

Immer hinter ihrem Mann stand Ehefrau Christine, mit viel Verständnis für dessen Engagement. Sohn Henry meint dazu lächelnd nur: „Die Bahn war sein zweites Zuhause.“ Etwas nachdenklich fügt er hinzu: „Möglicherweise wäre ohne Roland und seinen Einsatz der Bobsport in der Region sogar eingegangen.“ Für den langjährigen Bahnchef Matthias Benesch war Roland Stephan ein „Sportverrückter“.

Bis ins hohe Alter Gästebob-Pilot

„Für ihn galt, Hauptsache es ist schnell. Bis ins hohe Alter saß er als Pilot im Gästebob. Am besten, es riecht dazu noch nach Benzin und es gibt etwas zu schrauben. Der Altenberger Sommerbob war für ihn eine Herausforderung als Bastler und Erfinder.“

Roland Stephan war aber weit mehr als nur Trainer. Zusammen mit seinen Söhnen Ralf und Henry sowie anderen Mitstreitern vom SC Oberbärenburg sicherte er viele Jahre die beliebten Gästefahrten als Bobpilot ab. Es ging für ihn sicher über tausendmal den Kohlgrund hinunter, aber wen einmal der Bann des Eiskanals gepackt hat, den lässt er nicht mehr los.

Erfinder des Sommerbobs in Altenberg

So kam eines Tages die Idee, auch für den Sommer ein Gefährt für die Betonröhre zu schaffen. Bobbauspezialisten von der Dresdner Flugzeugwerft befassten sich mit dem Projekt. Doch die Ingenieure hielten das Vorhaben auf der speziellen Altenberger Bahn für nicht umsetzbar und ließen schließlich die Finger davon. Roland Stephan stachelte das erst recht an. Es ließ ihm keine Ruhe und er tüftelte mehrere Jahre lang, schaute sich nach Lösungen auf anderen Bobbahnen um.

Im Hof vor dem Haus in Waldidylle wurde an einem Bob-Grundgerüst geschweißt und geschraubt. Ein buntes Ersatzteilsortiment fand entsprechend der Funktionalität Verwendung, wie die Federn eines MZ-Motorrades. Der Durchbruch gelang schließlich bei der Auswahl der Räder. Sie mussten die richtige Größe für die Abfahrt haben. Die Wahl fiel auf Notlaufräder eines Pkw Seat. Eine weitere Innovation waren die Abweiseräder, die eine sichere Abfahrt ermöglichten. Im Jahre 2008 gab es die ersten Testfahrten im neuen Sommerbob. Dieser bewährte sich so gut, dass Roland Stephan kurz darauf einen zweiten baute.

So hatte die Altenberger Bobbahn eine Touristenattraktion auch für die eisfreie Zeit. Natürlich saß der Waldidyller bei den Abfahrten mit bis zu 90 km/h hier oft als Pilot mit im Schlitten. Das änderte sich auch nicht, als er 2007 in Rente ging. Von Ruhestand war nicht viel zu spüren. Roland Stephan übernahm im Winter Trainerjobs für Schweden, Österreich und zuletzt Liechtenstein.

Damit finanzierte er seine große Leidenschaft, der er schon als junger Mann gefrönt hatte, dem Motorrad-Rennsport. Größter Erfolg war 1972 der DDR-Pokalsiegertitel bis 250 Kubikzentimeter. Mit weit über 70 Jahren legte sich Roland Stephan noch immer mit seiner Maschine bei Motorradrennen in die Kurven. Ein schwerer Unfall auf der geliebten Strecke beendete vor drei Jahren diese Leidenschaft abrupt.

Auch an der Bobbahn fehlte fortan das über Jahrzehnte vertraute Gesicht. Am 18. Dezember schlossen sich seine Augen für immer. Manch einer wünscht sich an der einstigen Wirkungsstätte von Roland Stephan einen Platz der Erinnerung. Und vielleicht erhält zur Ehrung eine der Bobbahnkurven seinen Namen.

Quelle: https://www.saechsische.de/altenberg/altenberg-die-bobbahn-war-sein-zweites-zuhause-5818392-plus.html